Die USA fordern seit langem, dass die EU das Verteidigungsbudget auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erhöht. Warum das in unserem ureigensten Interesse ist.
Niemand sollte hoffen, dass der Druck unter dem künftigen US-Präsidenten Joe Biden nachlässt. Auch wenn der Ton deutlich diplomatischer werden dürfte: In der Sache wird die neue US-Regierung hart bleiben – und von der EU weiterhin höhere Verteidigungsausgaben verlangen. Europa sollte das
als Chance begreifen, denn wir können fünf Fliegen mit einer Klappe schlagen:
Erstens: Transatlantische Partnerschaft
Eine Erhöhung wäre ein außenpolitischer Erfolg für Joe Biden und würde ihm auch innenpolitisch Rückenwind bescheren. Wir können also die klugen Kräfte in den USA stärken – und zugleich Trump-Wählern vor Augen führen, dass man mit Pragmatismus mehr erreicht als mit Aggression.
Zweitens: Europäische Unabhängigkeit
Mit höheren Militärausgaben stärken wir die europäische Unabhängigkeit innerhalb der Nato. Ich denke da zum Beispiel an die Drohnentechnologie. Drohnen können mit ihrer abschreckenden Wirkung die Atombombe ersetzen und im Übrigen auch rein defensiv eingesetzt werden.
Drittens: Robustere Konjunktur
Die Erfüllung der US-Forderungen wäre zudem ein kleines Konjunkturprogramm, das wir auch nach der akuten Corona-Krise gut gebrauchen können – auch wegen anhaltender Rückgänge in Branchen
wie der Luftfahrt oder der Hotellerie. Gerade Airbus braucht jetzt dringend Aufträge und ist als europäisches, semistaatliches Unternehmen ein geeigneter Empfänger (als Familienunternehmer finde ich es nicht notwendig, dass Rüstung in rein privater Hand ist – nicht zuletzt mit Blick auf neue Möglichkeiten durch autonome, KI-gesteuerte Waffen).
Viertens: Mehr Hightech-Forschung
Wenn wir mehr Geld für unsere Sicherheit ausgeben, kurbeln wir zugleich die Hightech-Forschung an – auch im Dual-Use-Bereich, also bei Innovationen, die militärisch UND zivil nutzbar sind. Das wäre
gerade in Deutschland wichtig, weil wir in diesem Bereich ohnehin zurückliegen. So lässt sich aus Drohnen auch eine Logistik-Technologie ableiten.
Fünftens: Weniger Populismus
Und vergessen wir nicht: Wenn das europäische Sicherheitsgefühl wächst, gräbt das den Populisten das Wasser ab. Denn deren Geschäft ist es, Ängste zu schüren.
Eingebettet sein müsste die Erhöhung der Militärausgaben in eine engere Kooperation der EU in Verteidigungsfragen – inklusive Aufbau einer gemeinsamen Armee. Dann würde der Respekt von Erdoğan, Putin, Assad & Co. wachsen. Zudem hätten wir endlich die Schlagkraft, benachbarte Regionen und Reformpartner in Afrika im Ernstfall zu stabilisieren.